Atelier Gefe-Ambroschütz

«Unsere Vision waren Bilder, die das Erlebnis widerspiegeln, wenn man lange am Feuer sitzt und in die Flammen schaut.»

Wie sieht euer Alltag aus?

ANDREAS
Da wir hier in Zürich beide selbständig arbeiten und die Arbeitszeit frei einteilen können, arrangieren wir uns rund um den Stundenplan unseres Sohnes. Unser Atelier liegt in der Nähe, zeitweise arbeiten wir auch zu Hause und so greift das alles ineinander. Ich denke, es geht uns auch darum, alles in einer gewissen Ruhe tun zu können. Für das Zeichnen und Malen brauche ich den Raum, unbelästigt versinken zu können, Musik zu hören.

JULIA
Ich bin Mutter, Gestalterin, Wildkräuterliebhaberin und beobachte gerne das menschliche Verhalten. Unser nun 8-jähriger Sohn hat uns viel gelehrt, uns dazu gebracht, einen bewussteren Umgang zu pflegen, was das zwischenmenschliche Verhalten und die Wahrnehmung Kindern und auch uns selbst gegenüber anbelangt. Wir sind alle Schüler und Lehrer gleichzeitig, damit versuche ich durchs Leben zu gehen. Ich organisiere Vorträge an Schulen von Maria Kenessey. Seit drei Jahren assistiere ich in einer Wildkräuterküche. Meine gestalterische und künstlerische Arbeit hat in den Kinderschuhen im Bildhauer-Atelier meines Vaters begonnen, mein Studium hatte ich der Grafik gewidmet, seit ca. drei Jahren arbeite ich wieder vermehrt analog als Malerin, Zeichnerin und Illustratorin.

Was motiviert euch bei der Arbeit?

ANDREAS
Ich mag es schon sehr, wenn jemand auf mich zukommt und sich ein Bild von mir wünscht, da ihm meine Arbeit gefällt. In diesem Moment höre ich mir seine Wünsche an und versuche von meiner Seite her, aus meiner Bildwelt eine Bildidee herauszuschälen. Es geht mir schliesslich ums Vertrauen, das mir entgegengebracht wird, und die Möglichkeit, ein eigenständiges, persönliches Bild zu malen.

JULIA
Dass ich alles in Bilder einfliessen lassen kann gefällt mir. Alles, was mich im Alltag beschäftigt, bekommt Raum, auch in der Auftragsarbeit, manchmal einfach in den Gedanken oder auf dem Bild, im besten Fall in beidem. Ich liebe die handwerkliche Arbeit und die geistige Arbeit, und ich liebe es diese zu verbinden. Der Arbeitsprozess beim Zeichnen oder Malen ist gleichzeitig ein Auftanken und In-sich-Kehren, es gibt mir Energie, dafür bin ich sehr dankbar. Eine Arbeit sollte nicht Energie nehmen, sondern geben. Ich habe auch immer wieder mal Krisen, Grundsatzfragen oder ich ärgere mich, wenn Andreas etwas kritisiert und ich genau weiss, dass er recht hat. Ich habe angefangen mitzuteilen, wann ich offen bin für Kritik und wann nicht. Diese Reibungsflächen und Frustrationen fordern mich heraus, das gehört dazu. Ich brauche Herausforderungen, das macht alles spannender.

Wie habt ihr den Feuerring kennen gelernt?

ANDREAS
Ich muss zugeben, ich hatte noch nichts davon gehört, als ich Andreas Reichlin traf. Das war wohl einer dieser schönen Zufälle, die einem das Leben beschert. Ich hatte ein paar Bilder für die kantonale Kunstausstellung nach Schwyz zu Georg Sidler (Lithograf) gebracht, der sie für den Katalog fotografieren sollte. Mein Vater fuhr mich weiter nach Küssnacht und da ich noch ein grosses Kartoncouvert brauchte, hatte er die Idee, bei der befreundeten Druckerei Kreienbühl vorbeizugehen. Ich bin im Block daneben aufgewachsen, war aber seit 30 Jahren nicht mehr da. Ja, und da waren nun gerade Andreas Reichlin und Georg Sidler bei der Produktion ihres unglaublichen Rezeptebuch-Sets FEUER & RING. Andreas verriet mir, dass er da eine Idee hätte und später auf mich zukommen würde.

JULIA
In der Bar vom Papiersaal Zürich hängen zwei grosse Kronleuchter mit vielen Lampenschirmen, welche bedruckt sind mit unseren Illustrationen zum Thema «Motten» aus dem Jahr 2015. Im Vorfeld dieses Auftrags hatten wir mit unserem Auftraggeber lange über Lichtquellen, Feuerstellen, Lichttemperatur gesprochen und darüber, dass Motten immer vom Licht angezogen werden. Als die Lampenschirme mit den Mottenbildern fertig waren, wollten wir an einem Abend mit unserem Sohn an der Bar vom Papiersaal etwas trinken, um die fertigen Lichtquellen auf uns wirken zu lassen. An diesem Abend sassen Beate Hoyer und Andreas Reichlin an der Bar und so lernte ich die beiden kennen. Im Januar, bei unserer ersten Besprechung in unserem Atelier in der Binz, haben uns Beate und Andreas viel erzählt über den Feuerring. Sie haben uns Rezeptebücher und ihre Hauszeitung gezeigt. In der Ausgabe vom Jahr 2015 hatten sie den Feuerring in einem Steinbruch inszeniert. In diesem Steinbruch, welcher meinem Onkel gehört, war ich schon als kleines Kind, mein Vater hat seine halbe Kindheit dort verbracht, statt im Kindergarten und der Schule. Auch ich liebte es im Steinbruch zu sein, umgeben von diesen riesigen, imposanten Steingiganten, welche uns sicher viel aus ihren gespeicherten Erinnerungen erzählen könnten. So war es für mich ein sehr schöner Anfang des Projektes «Feuerring». Als ich bei Andreas und Beate zum ersten Mal im Atelier in Immensee stand, inmitten der verschieden geformten, für mich noch unbekannten, ästhetischen Feuergefässe, kamen sie mir vor wie grosse monumentale Keramikschalen. Jede Form hat einen eigenen Charakter und auch einen eigenen Klang. Mein Sohn Joseph und ich mussten gleich alle Töne dieser reizvollen, grosszügigen Resonanzkörper erklingen lassen, um herauszufinden, welche Klangschale uns am besten gefällt. Mit einem Stock haben wir auf jeden Metallkörper getrommelt, die Töne waren sehr unterschiedlich und hallten lange nach, wie bei einer Kirchenglocke.

Was war die Herausforderung bei dem Auftrag, Feuerring Erlebnisorte zu malen?

Andreas
Es war für beide von uns ein neuartiger Auftrag. Eine Bildserie zu einem Objekt, welche auf verschiedene Weise Gebrauch finden sollte, eben auch in Inseraten. Unser Anliegen war, etwas künstlerisch Anspruchsvolles zu machen und dabei die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Erstes Ziel war, eine passende Bildsprache zu finden, und dies war für mich ein wichtiger Grund, mit Julia zusammenzuarbeiten. Meine bisherigen Bilder empfand ich stilistisch als zu beschaulich, um der Kraft des Feuerrings zu entsprechen. Deshalb war für uns auch schnell klar, dass wir grossformatige Bilder malen mussten.

Julia
Der Feuerring ist in erster Linie eine Eingabe und eine Erfindung. Für uns wurde klar, dass wir für eine Eingabe wie diese auch eine für uns neue Bildsprache erschaffen wollten. Also nicht auf ein stilistisches Repertoire zurückgreifen wollten. Es erforderte Innovation und Neues. Inhaltlich hat sich das Thema Feuer herauskristallisiert. Feuer und Essen verbindet Menschen seit Urzeiten. Feuer und Essen ist etwas vom Essenziellsten, was der Mensch kennt und braucht, daran wollten wir anknüpfen. Es braucht das Feuer, um Archaisches mit Modernem zu verbinden, das Feuer bleibt immer das Feuer, wenn es auch jedes Mal anders flackert. Die Feuerstelle oder das Gefäss und die Menschen, die rundherum sitzen, entwickeln sich über Generationen immer weiter. Wir fanden es sinnvoll, dass sich in allen Bildern das Thema Feuer wie ein roter Faden hindurchzieht, um die Zeitspanne vom archaischen Urfeuer bis zum heutigen gemein bschaftlichen Beisammensein um den Feuerring bildnerisch einzufangen. Da wir acht bis zehn Bilder malen wollten, haben wir in Bezug auf Feuer und Feuerring mit Andreas und Beate jedem Bild ein eigenständiges Element oder einen Zustand zugeteilt: Entzündung, Generationen, Musik und Tanz, Licht, Essen, Wärme, Landschaft, Gemeinschaft, Kreislauf. Auf der formalen Seite hat sich schnell gezeigt, dass wir beide interessiert sind an Kontrolliertem und Unkontrolliertem oder an Schärfe und Unschärfe. Gewisse Aspekte in den Bildern wollten wir kontrollieren und andere dem Zufall überlassen. Diese Wahl haben wir unabhängig voneinander getroffen. Dann ging es darum, sich dem Bildaufbau zu widmen, Bilder zu skizzieren und zu komponieren, welche das Erwähnte beinhaltet: das Thema Feuer, die einzelnen Zustände, Geplantes und Ungeplantes, um schliesslich den Protagonisten Feuerring ganz selbstverständlich ins Bild zu integrieren und mit ihm das Urfeuer in die heutige Zeit zu transformieren. Dies waren für uns auch Kriterien, mit welchen wir uns immer wieder aufs Neue selber überprüfen konnten. In dieser Phase haben wir ganz viel Inspirationsmaterial gesammelt. Wir erstellten einen Fundus an eigenem und fremdem Material, Bildern und Fotografien. Irgendwann ist man genug stimuliert und der Impuls, zu starten, kommt dann einfach. Alle Fragmente, seien es Inspirationsmaterial, Gespräche und persönliche Erlebnisse mit dem Feuerring, bildeten die Grundlage für acht bis zehn Bilder.

Andreas
Unsere Vision waren Bilder, die das Erlebnis widerspiegeln, wenn man lange am Feuer sitzt und in die Flammen schaut. Dabei entdeckst du immer wieder neue Bilder.

Welche Erlebnisse habt ihr mit dem Feuerring gemacht?

Andreas
Ich habe den Feuerring zum ersten Mal auf Andreas' Terrasse kennengelernt: Schon die Tatsache, dass man an solch einem Ort ein Feuer machen kann, hat mich fasziniert. Je mehr man den Feuerring in den Alltag integrieren kann, desto schöner, wenn man mit dem Feuer zu Bett gehen kann, dann steht der Feuerring am besten Ort. Nun, ich war damals eingeladen und habe vor allem das Essen sehr genossen. Seit letztem Frühling steht in unserem Garten ein Feuerring. Meine Erfahrung damit war: Du musst das Feuer, das Essen, das Soziale mit Hingabe machen. Normalerweise teilen sich die Anwesenden in Gäste und Gastgeber, Zubereiter. Beim Feuerring wird es ein Darum-herum-Sitzen und die Rollen verschwimmen, alle nehmen teil. Mir gefällt am besten, wenn aus passiven Gästen interessierte Feuermeister und Köche werden.

Julia
Ich assistiere seit drei Jahren bei einer Wildkräuterköchin, sammle, koche und esse sehr gerne alles Essbare, was mir bei einem Spaziergang im Wald und auf Wiesen begegnet. In den Wildkräuterkursen kann ich jeweils die Gruppe, die am Feuer kocht, übernehmen, das passt mir sehr. Das Feuer tut mir gut; es transformiert vieles. In unserem Schrebergarten im Friesenberg wird jedes Feuerringessen zu einem Erlebnis. Der Feuerring steht vor unserem alten Apfelbaum und neben dem alten, verlotterten Gartenhäuschen. Wir sind dort sehr einfach ausgerüstet. Wenn ich einen Wildkräutersalat mache, nehme ich den grossen Kessel, in dem ich dann am Schluss auch über dem Feuer abwasche. Letztes Mal haben wir einen 5-Gänger auf dem Feuerring gekocht, vieles direkt aus dem Garten. Jedes Menu wurde in einer Schüssel angerichtet, aus der dann alle gemeinsam gegessen haben. Es gefällt mir, wenn alle eng und gierig um eine Schüssel stehen, mit einer ungeduldigen Gabel in der Hand, oder wenn die Schüssel herumgereicht wird und nur einer essen kann und die anderen warten; es wird ein bisschen anarchisch und zugleich ausgelassen. Kochen und essen um den Feuerring könnte ich mir nicht schöner vorstellen, irgendwie stimmt alles. Die Leute freuen sich sehr darauf, gemeinsam am Feuerring zu sein, zu kochen, zu experimentieren, zu erleben, und am Schluss gehen alle mit flackernden Erinnerungen und feinen Geschmäckern im Gaumen nach Hause.

gefe.ch